©Letitia Gaba

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L.Gaba, Stoffassemblage, Skizze, 2016

 

Verlorene Stärke in einem verkehrten System

Das Schicksal einer Protagonistin in diesem Buch, die ich nur kurz erwähne, hatte mich erschüttert. Sie ist kein Einzelfall in einem Herrschaftssystem. Sie wuchs in einer traditionellen italienischen Familie auf mit einem Vater, der versucht hatte, ihre 8jährige Schwester zu missbrauchen. Obwohl die Mutter das erfuhr und danach mehr auf die Kinder aufzupassen versuchte, war es der Mutter nicht möglich, sich zu trennen, denn sie war mit ihren 3 Kindern finanziell von ihm abhängig. Die Kinder übernahmen unbewusst diese Art von Abhängigkeit, die die Mutter selbst vielleicht als Stärke wahrnahmen, mit einem potentiellen (Sexual-)Täter unter einem Dach zu wohnen, der sie und ihre Kinder bedrohte, ihm auch noch zu dienen, sowohl im Haushalt (für ihn zu kochen, waschen, etc.) als auch sexuell… Die Töchter übernahmen / kopierten ihrerseits das Verhalten der Mutter und der Sohn vermutlich das Verhalten des Vaters, der von der eigenen Mutter bedient wurde (Siehe dazu Texte und Videos von Nina N. / Patriarchose im Alltag: https://www.youtube.com/channel/UCy0DkDpe4ddu-JZYz8izy2Q. So heirateten beide Schwestern in jungem Alter und bekamen selber Kinder. Es war auch ein großer Wunsch der Mutter, dass v.a. die Töchter rauskamen aus dem Haus, indem sie mit dem Täter zusammen leben mussten. Beide Ehen der Töchter liefen nicht gut. Die Ehe meiner Protagonistin artete im Misshandlung aus. Ihr Mann, den sie vorher nur sporadisch kennen gelernt hatte, hatte psychische Probleme, die oft in Suizid-Gedanken und -Versuche sowie in Aggressionen gegen sich und andere, u.a. auch gegen die eigene Frau und das gemeinsame Kind ausartete. Er war einmal so aggressiv geworden, dass er seiner schwangeren Frau in dem Bauch trat, so dass das Kind später mit einer hochgradigen Behinderung auf die Welt kam und später in einem Heim leben musste. Einmal setzte er das Kind sogar mitten auf die Straße, wo er hätte überfahren werden können. Da eine Scheidung auch (noch) als persönliches Versagen und als Schwäche definiert wurde, blieb sie bei ihm. Im verkehrten System (Siehe das Buch "Die Verkehrung") wird Stärke mit Schwäche verwechselt und umgekehrt. Es wird als Schwäche gefühlt, die Schmerzen und Schläge nicht aushalten zu können. Sie kopierte das Verhalten ihrer eigenen Mutter und die verkehrten Vorstellungen und Glaubenssätze einer verkehrten Gesellschaftsform. Irgendwann flüchtete sie doch aus der toxischen und gefährlichen Beziehung. Er bekam die gemeinsam erwirtschaftete Eigentumswohnung und ließ seine Exfrau mit dem behinderten Kind in einer Sozialwohnung leben. Sie musste mehrere Jahre Therapie machen und zahlte obendrauf noch Jahrzehnte lang die Schulden an dem Mann ab, die sie und ihr Kind misshandelt und ihnen die Wohnung weggenommen hatte. Er lebt bis heute noch (alleine) in die inzwischen von seiner Frau mitfinanzierten Wohnung. Alimente seinerseits wurden kaum gezahlt und einen weiteren Kampf um die Wohnung, z.B. konnte sie sich finanziell und psychisch nicht mehr leisten. Doch raffte sie sich langsam auf und bekam ihr Leben wieder in den Griff, trotzdem kämpft sie heute noch mit Rückfällen, die sich in manche schlaflose Nächte offenbaren, indem sie sich alleine die Schuld gibt, sich und ihr Kind in dieser Gefahr gebracht und gelassen zu haben... Aber es war nicht sie, es war das verkehrte System, in dem sie alle aufwuchsen...

 

Literatur & YouTube

- Claudia von Werlhof, Die Verkehrung: Das Projekt des Patriarchats und das Gender-Dilemma Taschenbuch – 1. Oktober 2011 / Die-Verkehrung

- Nina Novak, Entpatriarchose: youtube.com

- Und: entpatriarchose.de